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Wenn der Weinkeller zur Todesfalle wird

Wenn der Weinkeller zur Todesfalle wird

Worauf Sie beim Betreten von Weinkellern, Brunnenschächten und Silos achten sollten

Erst in jüngster Vergangenheit sind wieder junge Menschen in Österreich durch Unwissenheit ums Leben gekommen. Grundlegende Kenntnisse über Kohlendioxid und seine Gefahren hätte diese Tragödien verhindern können.

Die chemische Formel des unsichtbaren und geruchlosen Gases Kohlendioxid ist CO2. Es ist ein Produkt der vollständigen Oxidation. Unter Oxidation versteht man Reaktionen mit Sauerstoff wie die vollständige Verbrennung, Fäulnis- und Gärungsprozesse. Deshalb wird COim Volksmund auch Gärgas genannt. Eine große Gefahr für das menschliche Leben birgt dieser Stoff, weil er schwerer als die übrige Luft ist und den lebenswichtigen Sauerstoff verdrängt. Entsteht nun dieses Gas durch o.a. Prozesse, sammelt es sich gerne in allen Arten von Vertiefungen wie Brunnenschächten, Senkgruben oder Kellern an.

Gärungsprozess birgt Gefahren

Beim Gärungsprozess von Traubenmost zu Wein besteht in den Weinkellern einige Tage große Gefahr. Üblicherweise sind in unserer Einatemluft 21 Vol % Sauerstoff enthalten. Sinkt dieser Anteil auf einen Wert unter 15 Vol %, weil ihn das Gärgas verdrängt, so besteht akute Erstickungsgefahr, die leider mit unseren Sinnesorganen nicht wahrgenommen werden kann.

Kerzen als „Sauerstoffmessgerät“ nicht geeignet

Manche (scheinbar) vorsichtigen Menschen glauben sich mit einer brennenden Kerze, die sie tief unten tragen, schützen zu können. Sie meinen, solange die Kerze brenne, sei noch genug Sauerstoff zum Atmen vorhanden. Bedauerlicherweise ist dem nicht so, denn die Kerze kann noch mit rund 12 Vol % Sauerstoff brennen – der Mensch kommt mit so wenig Sauerstoff leider nicht mehr aus. So ist schon der äußerst makabere Unglücksfall eingetreten, dass Rettungskräfte einen neben einer brennenden Kerze liegenden Verunglückten zu bergen hatten. Seitdem antworten Feuerwehrleuten auf die Frage, ob eine Kerze im Weinkeller was bringe, recht trocken: „Ja, als Grabbeleuchtung gut geeignet“. (Natürlich kann auch eine brennende Kerze durch den hohen CO2 Gehalt erlöschen – aber da könnte es schon zu spät sein, weil durch das Gehen das Gas hochgewirbelt und in der Folge in hoher Konzentration eingeatmet wird.)

Gas muss abgesaugt werden

Um Unfällen vorzubeugen, sollte ein mit Gärgas möglicherweise gefüllter Bereich vor dem Betreten ausreichend belüftet werden. Genau genommen muss das Gas vom Boden abgesaugt werden.

Besteigung von Brunnen, Senkgruben und Silos nie alleine durchführen.

Leider wird auch allzu oft auf das Vorhandensein dieses heimtückischen Gases vergessen, wenn Brunnen, Senkgruben oder Silos bestiegen werden. Daher sollten Arbeiten in derartigen Bereichen nie alleine ausgeführt werden. Ein entsprechendes Rettungskonzept muss schon vor einem eingetretenen Unfall existieren. (Gurt, Seil, Dreibein etc.) Ein Sauerstoffmessgerät ist definitiv die beste Prävention. Dieses sollte schon vor dem Absteigen an einem Seil zum Boden des Schachtes abgelassen werden, um zu prüfen, ob dort auch eine atembare Atmosphäre vorhanden ist.

Keine Rettungsversuche von ungeschützten Zivilisten

Wird ein Mensch in einem Brunnen, Silo, Senkgrube oder ev. Weinkeller plötzlich bewusstlos, muss mit dem Vorhandensein von CO2 gerechnet werden. Jeder Rettungsversuch durch ungeschützte Hilfsbereite endet meist mit deren Tod. In diesem Fall sollte unverzüglich die Feuerwehr (Notruf 122) mit Namen, genauen Ortsangaben und dem Stichwort: „Menschenrettung aus (z.B.) Brunnenschacht - Kohlendioxid wird vermutet“, alarmiert werden. Ein Einweisen der Einsatzkräfte von der Zufahrtsstraße kann den Einsatzerfolg durch Zeitgewinn erhöhen. Die verunglückte Person wird so rasch wie möglich von Feuerwehrleuten, die mit umluftunabhängigen Atemschutzgeräten ausgerüstet sind, aus dem Gefahrenbereich gebracht. Eine Wiederbelebung muss unverzüglich begonnen werden.

Autor: Christian Dolkowski

Seine ersten Berührungspunkte mit dem Brandschutz hatte Christian bereits im Alter von 16 Jahren bei der freiwilligen Feuerwehr in Baden. In den letzten 46 Jahren blieb er dem Thema in unterschiedlichen Einsatzszenarien und Tätigkeitsfeldern treu, u.a. bei der Betriebsfeuerwehr der Raffinerie Schwechat und als Trainer bei NoFire Safety GmbH.

Sein Motto „Vorbeugen ist besser als heilen“ leitet ihn auch bei seiner freiwilligen Tätigkeit als Notfallsanitäter beim Roten Kreuz Baden, wo er tagtäglich mit den teils dramatischen Konsequenzen von „Nichtwissen“ und missachteten Gesetzen konfrontiert wird.

Letzte Aktualisierung: 18.12.2024