Leiterüberprüfungen und Prüfplaketten
Leitern – ein Arbeitsmittel, das nahezu jeder kennt und wahrscheinlich auch schon genutzt hat. Gleichzeitig gehören Leitern jedoch zu den gefährlicheren Arbeitsmitteln – zumindest aus statistischer Sicht. In den vergangenen zehn Jahren kam es im Durchschnitt zu etwa 2.900 Arbeitsunfällen pro Jahr im Zusammenhang mit Leitern. Das entspricht rund sieben Unfällen pro Tag. Erschreckend ist, dass jeder sechste Unfall ein schwerer Unfall mit längerer Ausfallzeit ist – also im Durchschnitt ein schwerer Leiterunfall täglich. Aus diesem Grund können Leitern zweifellos als gefährliches Arbeitsmittel eingestuft werden.
Häufige Unfallursachen
Was sind die Hauptursachen für diese Unfälle?
- Verlust der Standsicherheit: Oft wird die Leiter auf unebenem Untergrund aufgestellt, was zum Kippen führen kann. Auch die Auswahl einer ungeeigneten Leiter – etwa zu kurz, wodurch sie in einem ungünstigen Winkel aufgestellt wird – stellt ein erhebliches Risiko dar.
- Tragen von Gegenständen beim Besteigen: Wer mit Werkzeug oder Material in der Hand auf eine Leiter steigt, erhöht das Unfallrisiko erheblich.
- Ungeeignetes Schuhwerk oder Witterungseinflüsse: Regen oder glatte Oberflächen, in Kombination mit unzureichender persönlicher Schutzausrüstung (PSA), sind weitere Gefahrenquellen.
- Materialversagen: Hierzu zählen gebrochene Holme, Sprossen oder Stufen – oft verursacht durch Überlastung oder unsachgemäße Nutzung.
Ansätze zur Prävention
Zur Vermeidung von Leiterunfällen sind folgende Maßnahmen essenziell:
- Unterweisung der Beschäftigten im sicheren Umgang mit Leitern.
- Auswahl der richtigen Leiter für die jeweilige Tätigkeit. So ist laut § 36 der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) festgelegt, dass Anlegeleitern nur bis zu einer Höhe von 5 m als Verkehrsweg zulässig sind. Ab dieser Höhe muss eine fest verlegte Leiter genutzt werden (§ 35 AM-VO). Zudem ist ab einer Arbeitshöhe von 5 m PSA gegen Absturz verpflichtend. Die Leiter muss zudem befestigt und mit einer Standverbreiterung versehen sein.
- Laut § 37 AM-VO dürfen Stehleitern nicht als Verkehrsweg verwendet werden.
- Regelmäßige Überprüfung der Leitern: Gemäß § 17 und § 37 des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) müssen Arbeitsmittel regelmäßig auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden. Insbesondere bei Belastungen, die zu Schäden und damit zu Gefährdungen führen können, ist eine wiederkehrende Prüfung vorgeschrieben.
Darüber hinaus ist vor jeder Benutzung eine Sichtkontrolle durchzuführen. Werden dabei Mängel festgestellt, sind diese umgehend zu melden.
Arten von Leiterprüfungen
Im Zusammenhang mit Leitern unterscheidet man zwischen drei Prüfarten:
- Prüfung auf plastische Verformung
- Prüfung auf elastische Verformung
- Sichtprüfung
Für diesen Artikel ist ausschließlich die Sichtprüfung relevant. Wenn im Folgenden von „Prüfung“ oder „Überprüfung“ die Rede ist, bezieht sich dies immer auf die Sichtprüfung.
Ablauf und Anforderungen der Sichtprüfung
- Wer darf prüfen?
Laut AM-VO § 2 darf die wiederkehrende Prüfung nur durch fachkundige Personen durchgeführt werden. Als fachkundig gilt, wer über fundierte Kenntnisse der relevanten Gesetze und Normen (z. B. EN 131, ÖNORM Z 1501) verfügt, idealerweise eine Ausbildung bei einem Leiternhersteller absolviert hat, über entsprechende Berufserfahrung verfügt und die Prüfung sorgfältig und gewissenhaft durchführt. - Was wird geprüft?
Die Leiter wird auf sichtbare Mängel untersucht, z. B. auf Brüche, Verformungen oder Verschmutzungen. Auch die Kennzeichnung der Leiter muss vorhanden und lesbar sein. Leitern müssen der Norm EN 131 bzw. ergänzend der ÖNORM Z 1501 entsprechen und entsprechend gekennzeichnet sein – meist durch eine Plakette am Holm. Auch Zubehörteile sind regelmäßig zu prüfen. Hierbei sollte idealerweise die Bedienungsanleitung des Herstellers herangezogen werden. - Checklisten verwenden:
Um keine Prüfinhalte zu übersehen, empfiehlt sich die Verwendung einer Checkliste – sei es eine firmeninterne oder eine Vorlage aus der EN 131-3, der AUVA oder direkt vom Hersteller. - Prüfintervalle:
Die Sichtprüfung ist in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch einmal jährlich, durchzuführen. Nach besonderen Vorkommnissen wie (Beinahe-)Unfällen oder Reparaturen ist ebenfalls eine zusätzliche Prüfung erforderlich. - Dokumentation:
Die Ergebnisse der Prüfung sind schriftlich zu dokumentieren. Die Dokumentation muss eindeutig dem Arbeitsmittel zuordenbar sein und bis zum Ausscheiden der Leiter aufbewahrt werden. - Prüfplaketten:
Zur besseren Übersicht wird empfohlen, Prüfplaketten direkt an der Leiter anzubringen. Sie geben Auskunft über den letzten Prüftermin und die Fälligkeit der nächsten Prüfung.
Beispiele für typische Mängel
Gesamte Leiter:
- Verschmutzungen
- Lockere oder fehlende Schrauben/Nieten
- Korrosion
- Offensichtliche Beschädigungen
- Nicht fachgerechte Umbauten oder Reparaturen
Holme:
- Korrosion, Risse, Verbeulungen, Krümmungen
- Verrottung
Leiterfüße/Fußkappen:
- Fehlende oder beschädigte Kappen
- Starke Verschmutzung
- Einrisse
Sprossen/Stufen:
- Müssen trittsicher sein
- Korrosion, Verbiegung, Verrottung
- Fehlende Sprossen/Stufen
Bewegliche Teile/Befestigungen:
- Eingeschränkte Funktion
- Korrosion, Verformungen oder sonstige Beschädigungen
Was tun bei Mängeln?
Wird bei der Prüfung ein Mangel festgestellt, muss die Leiter entweder repariert oder ersetzt werden.
Wer darf Leitern reparieren?
Auch Reparaturen dürfen gemäß AM-VO § 2 nur von fachkundigen Personen durchgeführt werden. Nach jeder Reparatur ist eine anlassbezogene Prüfung erforderlich, die wiederum dokumentiert werden muss – idealerweise inklusive neuer Prüfplakette.
Fazit: Sicherheit durch regelmäßige Kontrolle
Prüfplaketten ersetzen keine Sichtprüfung vor Benutzung, bieten aber einen schnellen Überblick und bestätigen die Einhaltung der gesetzlichen Prüffristen. Die Kombination aus regelmäßigen Prüfungen, sorgfältiger Dokumentation und klarer Kennzeichnung erhöht die Sicherheit im Umgang mit Leitern erheblich – und schützt damit sowohl die Beschäftigten als auch das Unternehmen.
Autor:
Maximilian Heindl
Arbeitsmedizinische Fachassistenz
NoFire Safety GmbH